Anne und Thomas Eckerle 2008 überarb. August 2018
In der Literatur zur Hochbegabung gibt es einige sogenannte Modelle der Hochbegabung. Drei der bekanntesten sind die von Renzulli, von Heller und Hany sowie das von Mönks und Ypenburg. Genau betrachtet rekonstruieren sie aber nicht Hochbegabung, sondern sie geben eine Art Landkarte, was alles zusammenkommen muss, um Begabung zu unterstützen. Insofern gelten diese Begabungsmodelle in gleicher Weise auch für normale Begabungen. Das Modell von Renzulli will deutlich machen, dass die Möglichkeit zu hervorstechenden Leistungen nicht allein aus der Begabung erwächst, sondern aus deren Zusammenwirken mit Kreativität, Motivation und Umwelt. Die peripheren Felder zeigen jeweils Sachverhalte, die entweder in kausaler Beziehung zu diesen drei Feldern stehen, oder deren Bestandteile sind.
Ähnlich wie das von Renzulli stellt auch das Modell von Mönks die Triade von intellektuellen Fähigkeiten, Kreativität und Motivation in den Mittelpunkt. Mit den Feldern Schule, Freunde und Familie wird das soziale Umfeld als die Bedingung festgestellt, die auf diese Triade einwirkt.
2. Ein Modell der Begabung als Strukturmodell der Intelligenz
Das Modell von Peter Hofstätter ist älter als die oben gegebenen. Es setzt auch grundsätzlich anders an und sollte daher nicht konkurrierend bedacht werden. Während die heute meist verbreiteten Begabungsmodelle vor allem die Information transportieren, dass Intelligenz, um produktiv zu werden, mit weiteren individuellen Ressourcen und externen Bedingungen zusammenwirken muß, also vor allem den Kontext außerhalb der Intelligenz systematisieren, geht das Modell von Hofstätter auf die interne Struktur der Intelligenz ein. Die Schlussfolgerungen, die sein Modell nahe legt, haben aus unserer Sicht unmittelbare Bedeutung für die Förderung von Begabungen. Hier zunächst das Modell von Hofstätter: Die Intelligenz ist danach die analysierende Instanz zum Auffinden der Ordnung (Gegebenheiten und deren Beziehungen) der Umwelt. Zur Analyse stehen bestimmte Analysatoren zur Verfügung, die teilweise biologisch gegeben, teilweise aus der Kultur, in der ein Mensch lebt, übernommen werden. Der Prozess, der das Auffinden von Ordnung ermöglicht, ist abhängig von bestimmten Fähigkeiten, die als Faktoren der Intelligenz genetisch grundgelegt sind und durch Sozialisation und Erziehung entwickelt werden.
Besonders relevant scheint uns an diesem Modell die Definition der Intelligenz-Tätigkeit zu sein. Die Entwicklung einerseits eines strukturierten, aufgrund klarer Strukturen reproduzierbaren Wissens und andererseits eines Denkhandelns, das sich dieser Strukturen bedient und über Heurismen verfügt, die eine laufende Selbstevaluation unterstützen, ist das Ziel der Begabungsförderung, das aus dieser Vorstellung unterstützt wird. Solche didaktischen Prinzipien des schulischen Lernens, die Leitvorstellungen der Ganzheitlichkeit folgen und die Grundsätze des Konstruktivismus statt beschreibend als vorschreibende aufgreifen, werden diesem Anspruch nicht gerecht. Diese Prinzipien sind schwach gegenüber den besonderen Bedürfnissen von hochbegabten Kindern und Jugendlichen, die im schulischen Unterricht durch einspinnendes und problemerfindendes Denken auffallen.