Die Diskussion darüber, was man unter Intelligenz versteht, dauert bereits seit mehr als 100 Jahren an – ein Ende ist nicht in Sicht. Drei Erkenntnisse haben sich in den letzten Jahren aber verfestigt:
Es gibt nicht „die“ Intelligenz an sich. Es handelt sich vielmehr um ein sehr breites Spektrum an Fähigkeiten und Fertigkeiten, die zum Teil die Leistungsunterschiede zwischen Menschen gut erklären können und insofern zu der Aussage passen, dass jeder Mensch anders ist.
Unter dem Begriff „logisches Denkvermögen“ wird eine vom Anwendungsinhalt unabhängige grundlegende Begabung verstanden (sog. „Generalfaktor“ der Intelligenz), die durch das o.g. Spektrum spezifischer Fähigkeiten und Fertigkeiten differenziert wird.
Für die Umsetzung von Begabung in Leistung ist nicht in erster Linie die Höhe der Begabung entscheidend, sondern das Zusammenwirken von allgemeiner und spezifischer Begabung mit weiteren Aspekten der Persönlichkeit des Menschen, insbesondere Selbstvertrauen, Initiativkraft, Frustrationstoleranz u.v.m. Auch begabungsunabhängige Leistungsparameter (z.B. Konzentration) sowie die sozialen Rahmenbedingungen (Förderung, Integration, Mobbing etc.) spielen eine entscheidende Rolle. Unstrittig ist die Einschätzung, dass die Intelligenz Teil der Persönlichkeit eines Menschen ist, und dass sie wie die Mehrzahl der Persönlichkeitsmerkmale lebenszeitlich stabil bleibt.
Das Ziel der Begabungsanalyse ist es, ein möglichst breites Spektrum von Fähigkeiten zu messen, die im Sinne der oben genannten drei Erkenntnisse gemeinsam als kennzeichnend für das Begabungspotenzial eines Menschen angesehen werden. Diese werden in Form eines Begabungs-Profiles dargestellt, das einerseits das Begabungsniveau relativ zur passenden Vergleichsgruppe (üblicherweise der Altersgruppe) angibt, und das andererseits die besonderen Stärken und (in Relation dazu) die Schwächen abbildet und so die Grundlage für die Entscheidung über eine gezielte Intervention (Förderung) schafft.
Begabung und Leistung
Damit aus Begabung Leistung werden kann, sind möglichst günstige Rahmenbedingungen erforderlich. Dies gilt auch für die Testsituation. Man ist sich der Tatsache bewusst, dass im Intelligenztest eine Leistungsmessung erfolgt und dass auf die zugrunde liegende Begabung rückgeschlossen werden muss. Das Ergebnis eines IQ Tests ist also nur dann im Hinblick auf das Leistungspotenzial aussagefähig, wenn die Testsituation so gestaltet ist, dass die Testperson ihre Begabung ohne Einschränkung in messbare Leistung umsetzen kann. Dies sicher zu stellen ist Aufgabe des Testleiters. Gelingt dies nicht, gehen einschränkende Faktoren, etwa nicht bemerkte Einschränkungen der visuellen Wahrnehmung oder Angst, „unabsichtlich“ in das Ergebnis ein und führen zu falschen Diagnosen.
Anforderungen an den IQ Test
Der Intelligenztest ist ein Werkzeug, das eingesetzt wird, um eine verlässliche Aussage über die Begabung zu erhalten.
Ein Test zur sorgfältigen Begabungsanalyse erhebt ein möglichst großes Spektrum von Teilbereichen der Begabung. Normalerweise dauern solche Intelligenztests mindestens 1 Stunde.
Für den IQ Test soll in Untersuchungen an repräsentativen Stichproben nachgewiesen sein, dass er die Informationen zuverlässig (Testgütekriterium) erhebt. Man akzeptiert eine statistische Streubreite von ca. +6 IQ-Punkten.
Für den IQ Tests sollte in Untersuchungen an repräsentativen Stichproben nachgewiesen sein, dass er valide (Testgütekriterium) ist, d.h. tatsächlich eine Aussage über das Begabungspotenzial zulässt.
Die Vergleichsdaten, die zur Bewertung der gezeigten Leistungen verwendet werden, müssen für den untersuchten Probanden angemessen sein und dürfen nicht älter als acht bis zehn Jahre sein (jeweils neueste Testnormierungen).
Die Rolle des Testleiters
günstige Beziehung
ungünstige Beziehung
Der Intelligenz-Test ist ein Werkzeug, dessen Einsatz eine qualifizierte Ausbildung erfordert. Diese wird üblicherweise während eines Psychologie-Studiums oder eines vergleichbaren Studienganges erworben und mit jahrelanger Praxis vertieft. Wie im Handwerk kommt dem Testleiter bei der Anwendung dieses Werkzeugs eine besondere Bedeutung zu.
Er gestaltet die Testsituation. Der Testleiter muss eine vertrauensvolle Arbeitssituation schaffen, in der ein Proband bereit ist, bis an seine Grenzen heranzugehen.
Er ist besonders bei jungen Kindern dafür verantwortlich, das Selbstvertrauen des Kindes zu unterstützen und das Kind zur Mitarbeit zu motivieren – insbesondere, wenn es bereits Misserfolge erlebt hat.
Er holt vor und nach dem Test Informationen ein, um zu beurteilen, ob das Testergebnis durch Einflüsse außerhalb des Kindes ungünstig beeinflusst wurde. Er beobachtet zudem während des Tests, ob begabungsunabhängige Einflüsse des Kindes (z.B. mangelndes Selbstvertrauen, Konzentrationsschwäche, motorische Entwicklungs-Defizite, etc.) die Testleistung und damit die Aussagefähigkeit des Testergebnisses einschränken.
Er ist eng vertraut und verfügt sowohl über solide Erfahrungen als auch über die professionelle Disziplin, um die Ausführungsbestimmungen der Tests, wie sie im Handbuch vorgeschrieben werden, korrekt umzusetzen. Die Irrtumshäufigkeit auch ausgebildeter, geübter Testleiter bei der Durchführung eines Tests ist nennenswert.
Die Bewertung des Testergebnisses
Mit dem verwendeten Testverfahren wird aus der Testleistung auf das Leistungspotenzial zurück geschlossen. Es ist für eine Testperson aber nicht immer möglich, ihr Potenzial im Test vollständig abzurufen. Deshalb gilt das ermittelte Testergebnis grundsätzlich als Mindestschätzung. Zum einen gibt es keine Bedingung, die dazu führen kann, dass die Testperson besser abschneidet, als es ihre Möglichkeiten erlauben, zum anderen sind viele Bedingungen vorstellbar, die sich behindernd auf die Testleistung auswirken können (z.B. die Tagesform). Für die Bewertung des intellektuellen Leistungspotenzials ist zunächst der Gesamtwert maßgeblich. Er gibt eine allgemeine Information über den General-Faktor der Intelligenz (s.o.), verschleiert dabei aber, ob es zwischen den verschiedenen Inhaltsbereichen eher große oder eher kleine Unterschiede gibt. Aussagefähig hinsichtlich der besonderen Stärken und (in Relation dazu) der Schwächen ist das Profil der Leistungen über die verschiedenen inhaltlichen Bereiche des Tests. Im Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Kinder (HAWIK V) wird dies beispielsweise durch Angabe einer sog. „kritischen Differenz“ für alle Inhaltsbereiche und Aufgaben realisiert. Gerade bei den auffälligen Schwächen muss kritisch hinterfragt werden, ob diese durch Einflüsse der Testsituation „erzeugt“ wurden. Möglicherweise geben gefundene Schwächen auch Hinweise auf tatsächliche Defizite (z.B. der sensorischen Integration, der motorischen Koordination, der visuellen Wahrnehmung, etc.), die nicht auf intellektuelle Defizite hinweisen. Oft erhält man hierzu bereits Hinweise aus dem Vorgespräch, die während des Tests gezielt beobachtet und durch das Ergebnis statistisch gesichert werden können. In einem solchen Fall sollten die Eltern an die zuständigen Fachleute verwiesen werden (z.B. Optometristen für Kinder bei visuellen Wahrnehmungsstörungen).
View Comments
Hallo und guten Abend,
Ich habe mich auf Ihrer Seite ein wenig umgeschaut, habe aber leider nichts zum Thema Alter gefunden. Ab wann kann man solche Tests durchführen? Oder ab wann wäre es sinnvoll wenn eine Vermutung besteht?
Unser Sohn wird im Januar 3 Jahre alt. Unsere Tagesmutter hat uns, auf Vorbereitung für den Kindergarten, darauf hingewiesen.