Unterrichtskonzeption Karl-Popper-Schule

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Hier eine Zusammenfassung

Die Ziel­gruppe der KPS  sind Schü­ler:innen mit guter Bega­bung bis zum Niveau der Hoch­be­ga­bung, die wäh­rend ihrer Bil­dungs­lauf­bahn in Risi­ken gera­ten (sind). Es geht in dieser Schule also grundsätzlich um Unterricht und pädagogisches Handeln im gymnasialen Umfeld, beides ausgerichtet auf besondere Bedürfnisse in den Bereichen Kognitives Anspruchsniveau, Selbstkompetenz und soziale Integration.

Die Mission der Schule ist nicht Hochleistung ihrer Absolventen, sondern ihr Ziel ist der Ausgleich persönlicher Risiken und die Entwicklung von Selbstvertrauen und Entscheidungsfähigkeit.

Bei den Kindern, die während ihrer Bildungslaufbahn in Risiken geraten, sollten zwei   Teilgruppen unterschieden werden:
1. Kin­der mit schu­lunab­hän­gig  bes­te­hen­den per­sön­li­chen Merk­ma­len wie z.B. aus dem Aut­is­mus-Spek­trum  oder einer Auf­merk­sam­keits­stö­rung (pri­märe Neu­ro­ti­sie­rung)                      von
2. Kin­dern, die durch eine miss­lin­gende Anpas­sung an die schu­li­schen Struk­tu­ren eine Defor­mation ihres Ver­hal­tens entwickeln und ent­spre­chende Auf­fäl­lig­kei­ten zei­gen (sekun­däre Neu­ro­tisie­rung).

Zu beach­ten ist, dass die Unter­schei­dung zwi­schen bei­den Grup­pen oft schwie­rig ist, weil die Dia­gnose eines Stö­rungs­bil­des zunächst anhand von Verhaltensmerkmalen erfolgt. Es werden also Beobachtungen erhoben, die bei beiden Teilgruppen in gleicher Weise auftreten können. Die weitere Differenzierung   erfordert das fachliche Urteil von erfahrenen Diagnostikern. Sie ist wichtig, weil die pädagogische Führung der Kinder aus beiden Teilgruppen unterschiedliche Wege erfordert.

Für die erste Gruppe müs­sen Umge­bun­gen geschaf­fen wer­den, die schüt­zen; für die zweite gilt es, Ent­wick­lun­gen zu ver­hin­dern oder zu kom­pen­sie­ren, die zu der Gefähr­dung füh­ren.

Grundzüge der pädagogischen Arbeit

1. Lei­stungs­mo­ti­va­tion

Eine aus­lö­sende Bedin­gung für die Gefähr­dung bei­der Grup­pen betrifft die Voraus­set­zun­gen von Leis­tungs­mo­ti­va­tion und damit der Grundlage des schulischen Lernens: Lehr­kräfte rich­ten im Allgemeinen ihren Unter­richt auf ein Anspruchs­ni­veau aus, das in etwa der mitt­le­ren Leis­tungs­fä­hig­keit ihrer Schü­ler­gruppe ent­spricht. Damit haben die schwä­che­ren Schü­ler:innen eine Chance und die leis­tungs­fä­hi­gen wer­den heraus­ge­for­dert. Insofern ist das für die meisten Lerngruppen sinnvoll. -Hoch­be­gabte lie­gen jedoch außer­halb die­ses „Nor­mal­be­rei­ches“; das Rege­lan­ge­bot im mittleren Bereich der Gruppe ver­wehrt ihnen die Her­aus­for­de­rung und damit die Wei­ter­ent­wick­lung ihrer Fähig­kei­ten (Unter­for­de­rung).

Sehr oft durch­lau­fen hoch­be­gabte Kin­der die Grund­schule mit guten Noten, ohne sich anzu­stren­gen. Sie rüc­ken in die wei­ter­füh­rende Schule vor ohne die Erfah­run­gen ihrer Mit­schü­ler, die bereits mit auftretenden Lernproblemen umgehen mussten und Möglichkeiten der Bewältigung gefunden haben („Lernen lernen“).  Wenn diese Erfah­run­gen in der weiterführenden Schule fehlen, wird das bis dahin durchgehaltene Selbstbild des „guten Schülers“ irritiert, mit der Folge von Leistungsangst, Opposition, Störung des Selbstbildes (Identität). Es kommt zu den beschriebenen sekundären Neurotisierungen.      Mehr dazu unter diesem Link.

2. Sta­bi­li­tät der Bedin­gun­gen

Viele Schü­ler:innen mit Entwicklungsrisiken haben das Gefühl, dem Gesche­hen in der Schule aus­ge­lie­fert zu sein. Sie erleben ein Defizit an Handlungsmacht und Selbstwirksamkeit. Für sie ist es wichtig, die Struktur ihres Alltags stabil zu halten und ihren Erwartungen eine verlässliche Grundlage zu geben. Wenn alle wissen, wie die Abläufe sind, was sie wann, wie und wo zu tun haben, wie sie mit bestimmten Handlungen bestimmte Wirkungen verlässlich herbeiführen können – wenn diese Bedingungen geboten werden, dann führt das zu Entspannung und zu Wohlbefinden im Alltag.

Anmerkung: Besonders die Schü­ler:innen im Autis­mus-Spek­trum sind von dieser Forderung betroffen.

3. Inne­re Dif­fe­ren­zie­rung

3.1 Ver­bund­klas­sen aus zwei Klas­sen­stu­fen

In der KPS werden jeweils zwei Jahr­gänge  in „Stu­fen“ zusam­men­ge­fasst und gemein­sam unter­rich­tet. Die Ver­weil­dauer beträgt zwi­schen einem und drei Jah­ren. In jedem Jahr rückt eine Teil­gruppe in die höhere Stufe vor, wäh­rend eine neue Teil­gruppe aus der nied­ri­ge­ren Stufe hin­zu­kommt. Damit ist gewähr­leis­tet, dass Kin­der nicht in völ­lig unbe­kannte Grup­pen ein­tre­ten müs­sen. Vor allem aber ist gewähr­leis­tet, dass eine große Stufe die Chance bie­tet, sinn­voll zu dif­fe­ren­zie­ren.

Die Stu­fen haben eine Größe von etwa 50 Schü­ler:innen, die Dif­fe­ren­zie­rungs­grup­pen lie­gen bei maximal 15 bis 18 Schü­ler:innen.

3.2 Kriterien der Differenzierung

Für alle Schü­ler:innen einer Stufe wird das glei­che Unter­richts­thema ange­setzt, es wird jedoch auf  ver­schie­de­nen Anspruchs­ebe­nen ange­bo­ten. Die subjektive Anstrengung der hoch leistungsfähigen Schü­ler:innen sollte ebenso intensiv sein wie die der gerin­ger leis­tenden. Jede Gruppe soll das übergreifende Thema auf ihrem jewei­li­gen Niveau abschließen.

Die Differenzierung der Anspruchsebenen zielt nicht auf Hochleistung, sondern auf realistische Selbsteinschätzung und Sicherheit vor Leistungsangst. Aufgaben, die (subjektiv für jedes Anspruchsniveau) schwierig, aber leistbar sind, geben bei entsprechender Anstrengungsbereitschaft positive Rückmeldung über die eigenen Möglichkeiten. Der regelhaft erfahrbare Zusammenhang von Anstrengung und Erfolg ist die Grundlage für Selbstvertrauen.

Voraussetzung ist für alle Schüler:innen, dass sie zutreffend dem subjektiv passenden Anspruchsniveau zugewiesen werden.

Ergänzende Gesichts­punkte der Grup­pen­auf­tei­lung sind einfacher zu handhaben und sollten „zwischendurch“ eingesetzt werden: Freundschafts- und Inte­res­sen­grup­pen, Arbeits­ge­mein­schaf­ten und Pro­jekte.

3.3 Kon­ti­nier­li­cher Infor­ma­ti­ons­kreislauf

Die Umsetzung der inneren Differenzierung nach Abspruchsniveau setzt voraus, dass diagnostische Informationen über die Schüler:innen vorliegen und sachkundig eingesetzt werden. Für diese Aufgabe hat die KPS ein Kompetenzzentrum mit einem Psy­cho­logen, einem Sozi­al­päd­a­gogen und einer Ver­bin­dungs­lehr­kraft eingerichtet. Sie geben die Anstöße für die Zuordnung der Schüler:innen zu den Differenzierungsgruppen, die unterrichtenden Lehrkräfte melden ihre Erfahrungen mit den Empfehlungen in den „Monatlichen Kompetenzberichten“ zurück, diese führen wiederum zu einer Revision oder Fortschreibung der Zuordnungen zu den Differenzierungsgruppen usw.  – In die­sem Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kreis­lauf erfolgt die Unter­stüt­zung und die Beglei­tung der indi­vi­du­el­len Ent­wick­lung der Schü­ler.

Die dia­gno­sti­schen Daten der Schü­ler:innen lie­gen außer­halb der Schü­ler­ak­ten im Kom­pe­tenz­zen­trum (u.a. IQ-Test, Ergeb­nisse psy­cho­me­tri­scher Fra­ge­bö­gen, ggf. psych­ia­tri­sche Gut­ach­ten, Jugend­amts­be­richte usw.).

Innere Differenzierung gemäß dem individuellen Anspruchsniveau eines Schülers sowie deren ständige Fortschreibung in der Kommunikation zwischen Kompetenzzentrum und Lehrerschaft sind die zentralen pädagogischen Einrichtungen der KPS.